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Was steckt hinter dem starken Preisanstieg für Cannabis aus der Apotheke und und wie kann die Lösung aussehen?
Auf leafly.de wurde dazu ein interessanter Artikel veröffentlicht.
Quelle zum Originalartikel:
https://www.leafly.de/cannabis-report-gruenes-gold-hohe-preise-apotheken/
Seit dem “Cannabis-Gesetz” vom März 2017 haben sich die Preise für Cannabisblüten in den deutschen Apotheken verdoppelt. Dafür hagelt es schon seit Monaten viel Kritik für die Apotheker. Von allen Seiten stehen sie unter Beschuss. Der Vorwurf: Sie betreiben auf Kosten der Patienten absichtlich Preistreiberei. Doch was ist dran an dieser Behauptung? Leafly.de fragt bei Apothekerschaft, Politik und Krankenkassen nach und gibt einen Überblick über die Situation.
Aufschläge von 100 % auf Cannabisblüten
Vor März 2017 kostete Cannabis in der Apotheke nur die Hälfte von dem, was ein Selbstzahler heute dafür auf den Tisch legen muss. Wie kann das sein? Seit der Gesetzesänderung gilt medizinisches Cannabis als Rezepturarzneimittel, für das bestimmte Preise und Zuschläge gelten. Die Apotheken sind an diese Preise rechtlich gebunden.
Wie kommen die Preise von Cannabis aus der Apotheke zustande?
Die Apothekerkammer begründet den Preisaufschlag mit dem anfallenden Mehraufwand – die Qualität der Blüten wird überprüft und diese werden zerkleinert. Wenn die Cannabisblüten in der Apotheke ankommen, sind sie ein Rezepturausgangsstoff, aus dem die Apotheker dann ein Rezepturarzneimittel herstellen. Damit Cannabisblüten als Rezepturarzneimittel an die Patienten abgegeben werden dürfen, müssen sie erst einmal geprüft werden.
Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, betont in der Pharmazeutischen Zeitung die Prüfpflichten der Apotheker: Die Identitätsprüfung der Cannabisblüten sei «zwingend rechtlich vorgeschrieben». Hinzu kommen das Zerkleinern und Sieben der Blüten.
Die Blüten müssen geprüft werden, aber egal wieviel oder wie wenig Aufwand für die Apotheken damit verbunden ist – der Preis bleibt gleich und richtet sich allein nach der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Paragraf 4 und 5 dieser AMPreisV regelt den Preis für Rezepturarzneimittel – und hier sind Aufschläge von bis zu 100 % festgeschrieben.
Aber wieso wurde dieser Zuschlag vor März 2017 nicht berechnet? Weil die Änderung des Status von Medizinalhanf zu einem Rezepturarzneimittel erst mit der Gesetzesänderung stattgefunden hat.
Wenn die Krankenkasse zahlt, sind die Preise für Patienten niedrig
Für viele Patientinnen und Patienten sind die Preise von Cannabisprodukten allerdings sehr niedrig – das erklärt Dr. Ursula Sellerberg, Pressesprecherin der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände im Gespräch mit Leafly.de. Denn mit einem GKV-Rezept tragen die Versicherten lediglich eine Zuzahlung in Höhe von maximal 10 Euro pro Arzneimittel. „Bei der ganzen Preis-Debatte kommt mir dieser Aspekt immer viel zu kurz“, so die Sprecherin. In diesem Fall zahlt die Krankenversicherung den Großteil der Kosten, nicht die Patienten.
Hohe Preise treffen Selbstzahler hart
Unter der Preissteigerung leiden vor allem die Selbstzahler – also diejenigen, die ihr Cannabis mit einem Privatrezept in der Apotheke erhalten, das ihnen nicht erstattet wird. Das sind Patientinnen und Patienten, deren Antrag auf Kostenübernahme der Cannabis-Therapie von ihrer Krankenkasse abgelehnt wurde.
Die aktuellen Zahlen der Krankenkassen belegen, dass zurzeit nur gut 55 % aller Anträge genehmigt werden. (Leafly.de berichtete) Im Fall einer Ablehnung können die Betroffenen Widerspruch einlegen und fehlende Angaben nachreichen. Aber selbst wenn die Krankenversicherung den Widerspruch akzeptiert, werden rückwirkend keine Kosten ersetzt. Das bedeutet, die Betroffenen müssen ihre Cannabis-Medikamente selbst bezahlen – und das übersteigt schlichtweg das Budget vieler Patienten.
Das Selbsthilfenetzwerk Cannabis-Medizin kritisiert daher die gestiegenen Preise scharf: Schuld der Preisexplosion sei die erneute Prüfung der Cannabisblüten durch den Apotheker. Und die sei eigentlich gar nicht erforderlich, heißt es, und diene lediglich dazu, die Cannabisblüten teurer zu verkaufen. Das Gleiche gilt für die Zerkleinerung der Blüten.
Der Vorsitzende des Selbsthilfenetzwerks, der Arzt Dr. Franjo Grotenhermen, folgert aus den Argumenten der Apothekenvertretung, dass es ihr im Wesentlichen darum gehe, für die Apotheker ein möglichst lukratives Geschäft mit dem Cannabis zu machen. Und das zulasten der Patienten – beziehungsweise der Krankenkassen, die am Ende die Kosten tragen, wenn sie die Cannabis-Therapie ihrer Versicherten übernehmen.
Bundesapothekerkammer verteidigt Cannabis-Preise
Der Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), Dr. Kiefer, hält in einem offenen an Brief Dr. Grotenhermen dagegen: Er weist auf die Prüfpflichten der Apotheker hin, die die Identitätsprüfung der Cannabisblüten als Ausgangsstoff nötig macht. Darüber hinaus sei eine gleichmäßige Zerkleinerung des Medikaments Voraussetzung für eine exakte Dosierung.
Die Blüten müssen unbedingt gemahlen und gesiebt werden, erst dann könne der Apotheker sie zur medizinischen Behandlung an den Patienten abgeben. Denn eine ungenaue Dosierung der Cannabisblüten nach Gefühl sei «aus pharmazeutischer Sicht unverantwortlich und übrigens auch eine teure Verschwendung», so Dr. Kiefer.
Die ABDA unterstützt diese Sichtweise: Eine Expertenrunde aus rund 20 Wissenschaftlern, die Kommission Deutscher Arzneimittel-Codex, habe definiert, wie Cannabis im medizinischen Kontext zu handhaben sei. Diese Kommission hat die Zerkleinerung festgelegt, um den Patientinnen und Patienten eine Dosiergenauigkeit für das Betäubungsmittel zu garantieren.
Politik sucht nach einer Lösung
Die Oppositionsparteien Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen haben die Preisexplosion gegenüber der Regierung beharrlich kritisiert. In einem offenen Brief an den Bundesminister für Gesundheit, Hermann Gröhe, bemängelt Die Linke die hohen Cannabis-Preise und fordert:
Als Reaktion auf die gestiegenen Preise hat das Gesundheitsministerium den Deutschen Apothekerverband wie den Spitzenverband der Krankenkassen aufgefordert, über eine Reduzierung der Preise für Cannabisblüten zu verhandeln – und so von den Zuschlägen nach der Arzneimittelpreisverordnung abzuweichen. Diese Verhandlungen sind ein positives Signal.
Der Haken an der Sache: Den Vertragspartnern wurde keine Frist Gesetz. Bisher sind die Gespräche noch nicht abgeschlossen und auch auf Nachfrage von Leafly.de konnte das Bundesgesundheitsministerium keine Auskunft dazu geben, wann mit einem Abschluss zu rechnen sei.
Wieso muss Cannabis importiert werden?
Betrachtet man die gesamte Kette der Preisbildung, gibt es verschiedene Akteure, die den Preis von medizinischem Cannabis erhöhen – denn alle Beteiligten wollen verständlicherweise auch etwas verdienen: Vom Hersteller über den Importeur über die Apotheke als Abgabestelle und schlussendlich der Staat mit einer Mehrwertsteuer von 19%.
Verschiedene Gruppen – wie beispielsweise das Selbsthilfenetzwerk Cannabis – fordern, dass die Apotheken weniger an Medizinalhanf verdienen sollten.
Eine Alternative wäre, auf den Importeur zu verzichten und das Cannabis direkt in Deutschland anzubauen. Darauf müssen die Betroffenen allerdings noch eine Weile warten: Das BfArM hat durch seine neu eingerichtete Cannabisagentur den Anbau nach Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes im März 2017 ausgeschrieben. 2019 soll das erste in Deutschland angebaute medizinische Cannabis auf dem Markt sein. 2021 und 2022 sollen im staatlichen Auftrag je 2.000 Kilogramm Cannabis in Deutschland geerntet werden, im Anschluss sollen die Mengen jährlich steigen.
Allerdings löst der zukünftige Anbau im Inland nicht die aktuellen Probleme der Patientinnen und Patienten. Und die Preise werden sich dadurch wohl auch nicht signifikant reduzieren, denn Importeure berechnen pro 5 Gramm-Dose Cannabisblüten einen Aufschlag von rund 15 Euro. Der Aufschlag der Apotheke dagegen liegt bei rund 50 Euro.
Ein Beispiel: 5 Gramm Bedrocan kosten im Einkauf 49,95 Euro. Die Apotheke berechnet einen Aufschlag von 100%, macht 99,90 Euro. Hinzu kommt für die Verpackung ca. 1 Euro. Danach fallen noch 19% Mehrwertsteuer an, macht insgesamt für den Patienten ca. 120 Euro.
Wie kann eine Lösung aussehen?
Die derzeitigen Verhandlungen zwischen dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkasse und dem Deutschen Apothekerverband können eine Reduzierung der Cannabis-Preise in den Apotheken bewirken. Das würde bedeuten, dass die Vertragspartner sich darauf einigen, von den Zuschlägen nach der Arzneimittelpreisverordnung abzuweichen.
Den Status von Cannabisblüten als Rezepturarzneimittel ändert das erst einmal nicht. Eine Änderung dieses Status wäre ein zweiter Weg, den beispielsweise auch Die Linke fordert. So könnte auf die Identitätsprüfungen verzichtet werden. Zumal bei einem standardisierten Herstellungsprozess nach GMP (Good manufacturing Practice) und einer ISO 9001:2008 Zertifizierung die Qualität von Medizinalhanf gesichert wäre. Apotheken müssten diese also nicht mehr überprüfen. Für diese Statusänderung bedarf es allerdings ein Eingreifen des Gesetzgebers.
Quelle zum Originalartikel:
www.leafly.de/cannabis-report-gruenes-gold-hohe-preise-apotheken/
Quellen:
www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=69810
www.gesetze-im-internet.de/ampreisv/BJNR021470980.html
www.cannabis-med.org/german/acm-mitteilungen/ww_de_db_cannabis_artikel.php?id=237
www.hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet
www.stimme.de/deutschland-welt/politik/dw/Cannabis-Preis-nahezu-verdoppelt;art295,3863115
www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/apothekenpraxis/medizinalhanf-cannabis-streit-um-apothekerpreise/
www.linksfraktion.de/fileadmin/user_upload/PDF_Dokumente/Offener_Brief_Cannabismedizin.pdf
Quelle zum Originalartikel:
https://www.leafly.de/cannabis-report-gruenes-gold-hohe-preise-apotheken/
Seit dem “Cannabis-Gesetz” vom März 2017 haben sich die Preise für Cannabisblüten in den deutschen Apotheken verdoppelt. Dafür hagelt es schon seit Monaten viel Kritik für die Apotheker. Von allen Seiten stehen sie unter Beschuss. Der Vorwurf: Sie betreiben auf Kosten der Patienten absichtlich Preistreiberei. Doch was ist dran an dieser Behauptung? Leafly.de fragt bei Apothekerschaft, Politik und Krankenkassen nach und gibt einen Überblick über die Situation.
Aufschläge von 100 % auf Cannabisblüten
Vor März 2017 kostete Cannabis in der Apotheke nur die Hälfte von dem, was ein Selbstzahler heute dafür auf den Tisch legen muss. Wie kann das sein? Seit der Gesetzesänderung gilt medizinisches Cannabis als Rezepturarzneimittel, für das bestimmte Preise und Zuschläge gelten. Die Apotheken sind an diese Preise rechtlich gebunden.
Wie kommen die Preise von Cannabis aus der Apotheke zustande?
Die Apothekerkammer begründet den Preisaufschlag mit dem anfallenden Mehraufwand – die Qualität der Blüten wird überprüft und diese werden zerkleinert. Wenn die Cannabisblüten in der Apotheke ankommen, sind sie ein Rezepturausgangsstoff, aus dem die Apotheker dann ein Rezepturarzneimittel herstellen. Damit Cannabisblüten als Rezepturarzneimittel an die Patienten abgegeben werden dürfen, müssen sie erst einmal geprüft werden.
Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, betont in der Pharmazeutischen Zeitung die Prüfpflichten der Apotheker: Die Identitätsprüfung der Cannabisblüten sei «zwingend rechtlich vorgeschrieben». Hinzu kommen das Zerkleinern und Sieben der Blüten.
Dass Apothekerinnen und Apotheker für ihre Arbeit bezahlt werden, ist selbstredend – also auch für die Qualitätsprüfung von Cannabisblüten. „Die Tätigkeit hat aber nichts mit dem Preis zu tun“, wie eine Apothekerin aus der Hamburger Apotheke im Niedersachsenhaus gegenüber Leafly.de erklärt.
Die Blüten müssen geprüft werden, aber egal wieviel oder wie wenig Aufwand für die Apotheken damit verbunden ist – der Preis bleibt gleich und richtet sich allein nach der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Paragraf 4 und 5 dieser AMPreisV regelt den Preis für Rezepturarzneimittel – und hier sind Aufschläge von bis zu 100 % festgeschrieben.
Aber wieso wurde dieser Zuschlag vor März 2017 nicht berechnet? Weil die Änderung des Status von Medizinalhanf zu einem Rezepturarzneimittel erst mit der Gesetzesänderung stattgefunden hat.
Wenn die Krankenkasse zahlt, sind die Preise für Patienten niedrig
Für viele Patientinnen und Patienten sind die Preise von Cannabisprodukten allerdings sehr niedrig – das erklärt Dr. Ursula Sellerberg, Pressesprecherin der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände im Gespräch mit Leafly.de. Denn mit einem GKV-Rezept tragen die Versicherten lediglich eine Zuzahlung in Höhe von maximal 10 Euro pro Arzneimittel. „Bei der ganzen Preis-Debatte kommt mir dieser Aspekt immer viel zu kurz“, so die Sprecherin. In diesem Fall zahlt die Krankenversicherung den Großteil der Kosten, nicht die Patienten.
Hohe Preise treffen Selbstzahler hart
Unter der Preissteigerung leiden vor allem die Selbstzahler – also diejenigen, die ihr Cannabis mit einem Privatrezept in der Apotheke erhalten, das ihnen nicht erstattet wird. Das sind Patientinnen und Patienten, deren Antrag auf Kostenübernahme der Cannabis-Therapie von ihrer Krankenkasse abgelehnt wurde.
Die aktuellen Zahlen der Krankenkassen belegen, dass zurzeit nur gut 55 % aller Anträge genehmigt werden. (Leafly.de berichtete) Im Fall einer Ablehnung können die Betroffenen Widerspruch einlegen und fehlende Angaben nachreichen. Aber selbst wenn die Krankenversicherung den Widerspruch akzeptiert, werden rückwirkend keine Kosten ersetzt. Das bedeutet, die Betroffenen müssen ihre Cannabis-Medikamente selbst bezahlen – und das übersteigt schlichtweg das Budget vieler Patienten.
Das Selbsthilfenetzwerk Cannabis-Medizin kritisiert daher die gestiegenen Preise scharf: Schuld der Preisexplosion sei die erneute Prüfung der Cannabisblüten durch den Apotheker. Und die sei eigentlich gar nicht erforderlich, heißt es, und diene lediglich dazu, die Cannabisblüten teurer zu verkaufen. Das Gleiche gilt für die Zerkleinerung der Blüten.
Der Vorsitzende des Selbsthilfenetzwerks, der Arzt Dr. Franjo Grotenhermen, folgert aus den Argumenten der Apothekenvertretung, dass es ihr im Wesentlichen darum gehe, für die Apotheker ein möglichst lukratives Geschäft mit dem Cannabis zu machen. Und das zulasten der Patienten – beziehungsweise der Krankenkassen, die am Ende die Kosten tragen, wenn sie die Cannabis-Therapie ihrer Versicherten übernehmen.
Bundesapothekerkammer verteidigt Cannabis-Preise
Der Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), Dr. Kiefer, hält in einem offenen an Brief Dr. Grotenhermen dagegen: Er weist auf die Prüfpflichten der Apotheker hin, die die Identitätsprüfung der Cannabisblüten als Ausgangsstoff nötig macht. Darüber hinaus sei eine gleichmäßige Zerkleinerung des Medikaments Voraussetzung für eine exakte Dosierung.
Die Blüten müssen unbedingt gemahlen und gesiebt werden, erst dann könne der Apotheker sie zur medizinischen Behandlung an den Patienten abgeben. Denn eine ungenaue Dosierung der Cannabisblüten nach Gefühl sei «aus pharmazeutischer Sicht unverantwortlich und übrigens auch eine teure Verschwendung», so Dr. Kiefer.
Die ABDA unterstützt diese Sichtweise: Eine Expertenrunde aus rund 20 Wissenschaftlern, die Kommission Deutscher Arzneimittel-Codex, habe definiert, wie Cannabis im medizinischen Kontext zu handhaben sei. Diese Kommission hat die Zerkleinerung festgelegt, um den Patientinnen und Patienten eine Dosiergenauigkeit für das Betäubungsmittel zu garantieren.
Politik sucht nach einer Lösung
Die Oppositionsparteien Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen haben die Preisexplosion gegenüber der Regierung beharrlich kritisiert. In einem offenen Brief an den Bundesminister für Gesundheit, Hermann Gröhe, bemängelt Die Linke die hohen Cannabis-Preise und fordert:
eine „Klarstellung des Gesetzgebers, wonach Cannabisblüten nicht als Rezeptur-Arzneimittel anzusehen sind und die Prüfpflichten der Apotheke entfallen können, wodurch kurzfristig wieder das alte Preisniveau hergestellt werden kann“.
Als Reaktion auf die gestiegenen Preise hat das Gesundheitsministerium den Deutschen Apothekerverband wie den Spitzenverband der Krankenkassen aufgefordert, über eine Reduzierung der Preise für Cannabisblüten zu verhandeln – und so von den Zuschlägen nach der Arzneimittelpreisverordnung abzuweichen. Diese Verhandlungen sind ein positives Signal.
Der Haken an der Sache: Den Vertragspartnern wurde keine Frist Gesetz. Bisher sind die Gespräche noch nicht abgeschlossen und auch auf Nachfrage von Leafly.de konnte das Bundesgesundheitsministerium keine Auskunft dazu geben, wann mit einem Abschluss zu rechnen sei.
Wieso muss Cannabis importiert werden?
Betrachtet man die gesamte Kette der Preisbildung, gibt es verschiedene Akteure, die den Preis von medizinischem Cannabis erhöhen – denn alle Beteiligten wollen verständlicherweise auch etwas verdienen: Vom Hersteller über den Importeur über die Apotheke als Abgabestelle und schlussendlich der Staat mit einer Mehrwertsteuer von 19%.
Verschiedene Gruppen – wie beispielsweise das Selbsthilfenetzwerk Cannabis – fordern, dass die Apotheken weniger an Medizinalhanf verdienen sollten.
Eine Alternative wäre, auf den Importeur zu verzichten und das Cannabis direkt in Deutschland anzubauen. Darauf müssen die Betroffenen allerdings noch eine Weile warten: Das BfArM hat durch seine neu eingerichtete Cannabisagentur den Anbau nach Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes im März 2017 ausgeschrieben. 2019 soll das erste in Deutschland angebaute medizinische Cannabis auf dem Markt sein. 2021 und 2022 sollen im staatlichen Auftrag je 2.000 Kilogramm Cannabis in Deutschland geerntet werden, im Anschluss sollen die Mengen jährlich steigen.
Allerdings löst der zukünftige Anbau im Inland nicht die aktuellen Probleme der Patientinnen und Patienten. Und die Preise werden sich dadurch wohl auch nicht signifikant reduzieren, denn Importeure berechnen pro 5 Gramm-Dose Cannabisblüten einen Aufschlag von rund 15 Euro. Der Aufschlag der Apotheke dagegen liegt bei rund 50 Euro.
Ein Beispiel: 5 Gramm Bedrocan kosten im Einkauf 49,95 Euro. Die Apotheke berechnet einen Aufschlag von 100%, macht 99,90 Euro. Hinzu kommt für die Verpackung ca. 1 Euro. Danach fallen noch 19% Mehrwertsteuer an, macht insgesamt für den Patienten ca. 120 Euro.
Wie kann eine Lösung aussehen?
Die derzeitigen Verhandlungen zwischen dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkasse und dem Deutschen Apothekerverband können eine Reduzierung der Cannabis-Preise in den Apotheken bewirken. Das würde bedeuten, dass die Vertragspartner sich darauf einigen, von den Zuschlägen nach der Arzneimittelpreisverordnung abzuweichen.
Den Status von Cannabisblüten als Rezepturarzneimittel ändert das erst einmal nicht. Eine Änderung dieses Status wäre ein zweiter Weg, den beispielsweise auch Die Linke fordert. So könnte auf die Identitätsprüfungen verzichtet werden. Zumal bei einem standardisierten Herstellungsprozess nach GMP (Good manufacturing Practice) und einer ISO 9001:2008 Zertifizierung die Qualität von Medizinalhanf gesichert wäre. Apotheken müssten diese also nicht mehr überprüfen. Für diese Statusänderung bedarf es allerdings ein Eingreifen des Gesetzgebers.
Und wenn es keine schnelle Einigung gibt? “Notfalls muss die Regierung die Preise per Rechtsverordnung im Sinne der Patienten senken. Wir brauchen jetzt kurzfristige Lösungen und können nicht länger warten“, so Frank Tempel von den Linken.
Quelle zum Originalartikel:
www.leafly.de/cannabis-report-gruenes-gold-hohe-preise-apotheken/
Quellen:
www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=69810
www.gesetze-im-internet.de/ampreisv/BJNR021470980.html
www.cannabis-med.org/german/acm-mitteilungen/ww_de_db_cannabis_artikel.php?id=237
www.hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet
www.stimme.de/deutschland-welt/politik/dw/Cannabis-Preis-nahezu-verdoppelt;art295,3863115
www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/apothekenpraxis/medizinalhanf-cannabis-streit-um-apothekerpreise/
www.linksfraktion.de/fileadmin/user_upload/PDF_Dokumente/Offener_Brief_Cannabismedizin.pdf